Wenn Gelb die Farbe der Verspieltheit wäre

05/07/2023

von Tamara Strijack

Ich habe meine Verspieltheit ziemlich früh im Leben verloren. Das hängt damit zusammen, dass ich herausgefunden habe, dass es einen "richtigen" Weg gibt, wie man Dinge tut, oder dass ich ohne meine großen, bunten und oft chaotischen Ideen leichter zu managen war. Jedenfalls wurde mir klar, dass es zu riskant war, Risiken einzugehen, und dass ich im Leben weiter kommen würde, wenn ich herausfinden würde, was andere von mir erwarteten, und ich diese Erwartungen erfüllte.

Vielleicht können einige von Ihnen das nachvollziehen…

Es ist ziemlich anstrengend, so zu leben - mit wenig Raum für Fehler und nicht viel Raum für Fragen. Wenn Gelb die Farbe der Verspieltheit und der Neugier wäre: Dann hatte ich sie irgendwo auf dem Weg zur Adoleszenz verloren, und als Erwachsener war meine Welt ziemlich schwarz und weiß. Ich traute mich nicht zu singen, damit mich niemand für daneben hielt. Ich traute mich nicht zu zeichnen oder zu malen oder zu schauspielern oder ... na ja, eben alles, was meinen Mangel an "Talent" zeigen hätte können.

Einige Jahre später hatte ich nun selbst kleine Kinder. Immer noch sehr zielstrebig und ergebnisorientiert, fing ich an, gelegentlich wieder einen Hauch von Gelb zu finden. Ich fand Freude daran, Gutenachtgeschichten laut vorzulesen und mit den Stimmen der Figuren zu spielen - oder meinen Töchtern Lieder vorzusingen (ihnen schien es egal zu sein, ob meine Stimme perfekt war oder nicht ;-). Manchmal war ich neidisch auf ihre Fähigkeit, sich auf das freie Spiel einzulassen, während ich aus der Ferne zusah, denn es schien ihnen so leicht zu fallen…

Ganz langsam kehrte das Gelb in mein Leben zurück - durch das Lachen meiner Kinder, die Magie beim Spinnen von Wolle zu Garn, das absurde Tanzen der Hühner auf dem Rasen. Ich bin mir nicht sicher, ob es jemals einen Moment gab, in dem ich voll und ganz ankam ... es war eher ein allmähliches Wiedererwachen und Erinnern, bis die Verspieltheit einfach zu einer Lebensweise wurde.

Und dann verlor ich sie wieder.

Es gibt Momente in unserem Leben, in denen etwas passiert, das uns aus der Bahn wirft: Eine zerbrochene Beziehung, eine Diagnose, der Verlust von Dingen, Orten oder Personen, die uns wichtig sind. Das kann in jedem Alter passieren. Zu jeder Zeit. In diesen Momenten (oder Monaten) können wir unsere Verspieltheit verlieren. Unser Körper zieht sich in den Überlebensmodus zurück und gibt Vollgas, nur um den Anschein von Ordnung und Normalität zu wahren. Alles, was spielerisch ist, wird als leichtsinnig, lächerlich oder unangemessen empfunden.

Aber was wäre, wenn wir gerade dann das Spiel am meisten brauchen?

An diesem Punkt ertappe ich mich immer wieder: Ich finde Spiel, verliere Spiel - und muss es wiederfinden.

Oder zumindest einen Hauch davon: In der Melancholie eines Liedes, auf den Seiten meines Tagebuchs, in einem Kunstwerk, im Schatten eines Baumes, im Rauschen eines Wasserfalls. Etwas, das mich für einen Moment aus meinem Kopf, aus meinem Alarm heraus holt und mich zu meinem Herzen hinführt. Aber nicht auf direktem Weg, das wäre zu viel.

Etwas, das es mir erlaubt, ein wenig am Rande zu spielen. Meine Zehen ins Wasser tauchen. Mit der Traurigkeit spielen. Etwas wagen, sich wieder bewegen. Denn in der Bewegung fühlen wir uns am lebendigsten. Es ist die Bewegung, die uns am Ende rettet!

Wenn Sie also - so wie ich manchmal - keine Lust auf Spiel haben, empfehle ich Ihnen, die «Randbereiche» davon aufzusuchen.

Verabreden Sie sich mit den Bäumen oder dem See oder dem Rosenstrauch vor Ihrem Fenster. Mit einem Lied oder einem Instrument oder dem schwankenden Klang der eigenen Stimme. Mit einem Pinsel oder einem Buntstift oder einem Füllfederhalter. Mit einem Buch oder einem Film, einer Geschichte, die es Ihnen erlaubt, in sich zu gehen und sich mit dem zu verbinden, was in Ihnen ist und raus will - um zu spielen.

Und vielleicht laden Sie noch jemanden ein, mitzumachen? Wie ich vor vielen Jahren gelernt habe - als meine Kinder noch jünger waren - finden wir manchmal gerade dann zu unserem eigenen Spiel, wenn wir anderen helfen, ihr Spiel zu finden…

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